Zum Inhalt springen

Ist mentale Gesundheit Luxus?

1. Dezember 2025 durch
Ist mentale Gesundheit Luxus?
Kompetenz-ssh GmbH, Susanne Hauber



„Mentale Gesundheit“ bezieht sich nicht nur auf das Fehlen von Diagnosen wie Depression oder Angststörungen, sondern auf das emotionale und psychische Wohlbefinden – die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen, mit Stress umzugehen und ein ausgeglichenes inneres Leben zu führen. Doch obwohl das Bewusstsein für diese Themen wächst, ist die Versorgung oft noch nicht so weit.


Es gibt mehrere Gründe, warum mentale Gesundheit in der Praxis wie ein Luxusgut behandelt wird:

  • Versorgungsdruck: Psychiatrische Kliniken sind überlastet, ambulante Hilfen fehlen, und viele Menschen bekommen erst dann professionelle Hilfe, wenn sie bereits in einer schweren Krise sind.
  • Finanzielle Hürden: Obwohl es ein System der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gibt, steigen die Kosten dramatisch.
  • Prävention ist unterentwickelt: Frühzeitige Angebote fehlen, besonders in Schulen, obwohl sie präventiv sehr wirksam sein könnten.
  • Stigmatisierung und Zugangsbarrieren: Gerade bei Kindern und Jugendlichen ist es oft schwer, psychische Belastung anzusprechen oder entsprechende Anlaufstellen zu nutzen.

Blick auf die psychiatrische Versorgung in Deutschland

Aktuelle Berichte machen deutlich, dass Deutschland vor großen Herausforderungen in der psychiatrischen Versorgung steht. Die Zahl der Patientinnen und Patienten wächst, während Kliniken und Ambulanzen vielerorts an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen – ein strukturelles Problem, das sich zunehmend verschärft.

Hier die wichtigsten Aspekte:

  • Stark steigende Patientenzahlen: Immer mehr Menschen suchen stationäre psychiatrische Hilfe.
  • Finanzieller Druck auf die GKV: Die gesetzlichen Krankenkassen melden steigende Ausgaben für psychiatrische Behandlungen – im ersten Halbjahr 2025 stiegen die Kosten gegenüber dem Vorjahr deutlich.
  • „Enormer Versorgungsdruck“: Kliniken kämpfen mit hoher Auslastung und begrenzten Ressourcen.
  • Mangel an niedrigschwelligen Angeboten: Es fehlen Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen, digitale Krisenhilfen – dabei könnten solche Angebote vielen Menschen helfen, bevor es überhaupt zu einer stationären Behandlung kommt.
  • Strukturelle Reformen notwendig: Einige Expert:innen fordern flexiblere Finanzierungsmodelle (z. B. sogenannte Globalbudgets), mehr Psychotherapeut:innen und eine modernisierte Planung der Kassensitze, die besser auf den heutigen Bedarf abgestimmt ist.

Die Krise an Schulen: Wenn junge Menschen nicht gehört werden

Eine besonders alarmierende Entwicklung zeigt sich unter Kindern und Jugendlichen. Die Bundesschülerkonferenz warnt vor einer „Krise der mentalen Gesundheit“ an Schulen.

Zentrale Punkte:

  • Häufige psychische Belastungen: Immer mehr Schülerinnen und Schüler leiden unter Angststörungen, Depressionen, Essstörungen und sogar Selbstverletzungen.
  • 21 % psychisch belastet: Laut dem Deutschen Schulbarometer sagen 21 % der befragten Schüler:innen, dass sie sich psychisch belastet fühlen.
  • Mangel an Unterstützung: In vielen Schulen fehlen Fachkräfte wie Schulsozialarbeiter:innen, schulpsychologische Dienste oder geschulte Lehrkräfte.
  • Zehn-Punkte-Plan: Die Schüler:innenvertretung der Bundesschülerkonferenz fordert unter anderem mehr Personal, bessere Schulstrukturen (z. B. mehr Pausen, individuelle Förderung) und Fortbildungen für Lehrkräfte.
  • Wirtschaftliche und gesellschaftliche Risiken: Unbehandelte psychische Erkrankungen belasten nicht nur die betroffenen jungen Menschen, sondern können langfristig auch „immense Kosten“ für die Gesellschaft verursachen.
  • Politische Forderungen: Vertreter:innen von Politik und Lehrkräften unterstützen die Forderungen der Schülerkonferenz und fordern nationale Strategien, mehr psychosoziale Fachkräfte in Schulen sowie bessere räumliche und strukturelle Bedingungen.

Ist mentale Gesundheit also wirklich ein Luxus?

Wenn man die derzeitige Versorgung in Deutschland betrachtet, kann man durchaus argumentieren, dass mentale Gesundheit für viele mehr ein Luxus ist als ein Grundrecht. Warum?

  • Wer in eine psychische Krise gerät, findet nicht immer schnell Unterstützung, teils mangelt es an niederschwelligen Angeboten.
  • Selbst wenn Angebote existieren, können Wartezeiten, lange Anfahrten oder unzureichende Kapazitäten eine große Hürde darstellen.
  • Präventive Maßnahmen, die besonders bei Kindern und Jugendlichen helfen könnten, sind bislang nicht flächendeckend umgesetzt.
  • Politische Maßnahmen und Reformen werden zwar gefordert, aber die Umsetzung hinkt hinterher.

Andererseits: Das Bewusstsein ist gestiegen. Psychische Gesundheit wird nicht mehr so stark tabuisiert wie früher. Einige Expert:innen sehen auch Chancen in Reformen, wie oben erwähnt.

Was kann getan werden – und was kann das Kompetenzzentrum für die Seele dazu beitragen?

Als Organisation mit dem Fokus auf psychische Gesundheit, Beratung und Aufklärung hat das Kompetenzzentrum mehrere Ansatzpunkte, um zu verändern, dass mentale Gesundheit kein Luxus bleibt:

  • Niedrigschwellig erreichende persönliche Begleitung 

Wir bieten eine persönliche Begleitung für Menschen in belastenden Lebensphasen (z. B. Trauer, Krankheit, Sinnkrisen). Dabei ist kein Warten auf Therapielisten nötig – das hilft gerade in akuten Momenten früh Unterstützung zu bekommen. 

  • Weiterbildungen für emotionale Kompetenz

Durch unsere Weiterbildungen wie den SSH-Starter oder die Fachbegleiter-Ausbildung vermittelt das Kompetenzzentrum Menschen – u. a. Coaches, Führungs- und Lehrkräfte oder Sozialarbeiter:innen – fundierte Fähigkeiten für traumasensible Gesprächsführung und emotionale Begleitung. 

  • Verankerung der SSH-Methode

Die SSH-Methode ist ein zentrales Instrument unseres Zentrums: Sie macht emotionale Prozesse nachvollziehbar, stärkt die Selbstwahrnehmung und bietet ein praktisches Werkzeug für den Umgang mit inneren Krisen.

  • Förderung von Resilienz durch Seminare

In Kompaktseminaren (z. B. „Leicht unterwegs – Ballast managen, Freiheit gewinnen“) lernen Teilnehmende, wie sie persönliche Herausforderungen im Alltag bearbeiten, mehr innere Stabilität aufbauen und langfristig resilienter werden. 

  • Multiplikator:innen ausbilden

Mit der Fachbegleiter-Weiterbildung werden Menschen qualifiziert, selbst andere in Krisen zu begleiten – sei es in Schulen, im Betrieb oder im privaten Umfeld. Damit wird Hilfe nicht nur punktuell, sondern nachhaltig und breit wirksam.

 

Fazit

Mentale Gesundheit ist für viele in Deutschland heute nicht selbstverständlich. Trotz steigender gesellschaftlicher Aufmerksamkeit fehlt es noch an ausreichender und frühzeitiger Unterstützung. In der Versorgung wie in der Prävention zeigen sich dramatische Lücken – insbesondere für junge Menschen. Wenn wir es ernst meinen mit dem Recht auf psychische Gesundheit, dann brauchen wir mehr als gute Worte: Reformen in Kliniken, Schulen, bei der Finanzierung und der Prävention. Nur so kann mentale Gesundheit von einem vermeintlichen Luxusgut zu einem von allen getragenen Grundrecht werden.

Das Kompetenzzentrum für die Seele ergänzt das bestehende psychosoziale Netzwerk.

 
Dieser Beitrag basiert unter anderem auf aktuellen Medienberichten zur psychiatrischen Versorgung in Deutschland sowie zur mentalen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen.

 

Autorin: Susanne Hauber, SSH-Fachbegleiterin – u.a. für feinfühlige Menschen. 
Tag der offen Tür 12.10.2025
Kurzbericht